»Die Bodenfrage ist die neue soziale Frage« erklärte Hans Jochen Vogel in einer vielbeachteten Streitschrift »Mehr Gerechtigkeit. Wir brauchen eine neue Bodenordnung – nur dann wird auch Wohnen wieder bezahlbar«. Vogel glaubte an eine Lösung der Probleme, indem die Kommunen Grund aufkaufen und über ein Erbbaurecht, das Gebäude vom Boden trennt, im Besitz ihrer Grundstücke bleiben. Der Soziologie David Madden und der Stadtplaner Herbert Marcuse plädierten hingegen in ihrer Schrift »Verteidigung des Wohnens« dafür, Wohnraum generell den Marktprozessen zu entziehen und losgelöst von Einkommen und Vermögen zu verteilen. Den Forderungen nach Reform, Enteignung oder Vergesellschaftung stehen nicht nur rechtliche, sondern auch wirtschaftliche Einwände – »All das baut noch keine neuen Wohnungen« – gegenüber. Kann durch eine Erleichterung und Beschleunigung von Baugenehmigungen und die Förderung des Wohnungsbaus die Mietmisere beendet werden?
Dirk Löhr, Professor für Steuerlehre und Ökologische Ökonomik, Hochschule Trier / Umwelt-Campus Birkenfeld; Mitglied des Ausschusses Bodenpolitik der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung, Mitinitiator der Initiative »Grundsteuer: Zeitgemäß«
Andrej Holm, wiss. Mitarbeiter Lehrbereich Stadt- und Regionalsoziologie des Instituts für Sozialwissenschaften, Humboldt Universität Berlin
Stephan Reiß-Schmidt, Stadtdirektor a. D., ehem. Leiter der Stadtentwicklungsplanung bei der Landeshauptstadt München
Recht auf Wohnen?
Die Bankenkrise und eine Wende in der Zinspolitik führten zu gravierenden Veränderungen des Immobilienmarkts und zu derartig steigenden Miet-, Wohnungs- und Grundstückskosten, dass daraus soziale Probleme erwachsen, die bald zu gefährlichen gesellschaftliche Spannungen führen könnten. Forderungen nach einer Mietbremse, Enteignung von Immobilienkonzernen und gesetzlicher Verankerung eines Grundrechts auf Wohnen werden kontrovers diskutiert. Für Lösungen wird auf Erbbaurecht, genossenschaftliches Bauen und Wohnen, die Situation in Wien oder Basel sowie auf verschiedene Vorschläge von Architekten und Politikern verwiesen. Entrüstung über die Boden- und Mietpreise ändert an den Zuständen nichts, denn »Spekulation« und Preisentwicklung sind weitgehend systemkonforme Vorgänge in den vorgegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen.
Die Bayerische Akademie der Schönen Künste möchte in einer dreiteiligen öffentlichen Vortragsreihe die brennende Frage nach einem Recht auf Wohnen mit einer grundsätzlichen Betrachtung der rechtlichen, ökonomischen und architektonischen Möglichkeiten verbinden. Gibt es überhaupt ein »Recht auf Wohnen«, welche ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen hätte ein neues Boden- und Eigentumsrecht, welche Möglichkeiten bieten beispielsweise Erbbaurecht oder Genossenschaften?
Jeweils zwei fachlich ausgewiesene Experten werden ihre Sicht auf die Thematik und ihre Lösungsvorschläge vortragen, anschließend findet ein moderiertes Gespräch statt.
Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass unser Platzangebot begrenzt ist. Der Zugang zur Akademie ist nicht barrierefrei.